Gleich zwei Bundestagsabgeordnete schauten in der Kreisstadt Birkenfeld vorbei, eine aus Rheinland-Pfalz, die andere aus dem angrenzenden Saarland. Die heimische Abgeordnete und wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Julia Klöckner, hatte ihre Kollegin und stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Unionsbundestagsfraktion aus dem Saarland, Nadine Schön, eingeladen. Beide statteten der Hassler Orthopädie Schuhtechnik einen Besuch ab, um gemeinsam über die Herausforderungen im Handwerk zu sprechen. Zuvor hatten sich die Inhaber David und Marc Hassler hilfesuchend an die Abgeordneten gewandt, da auch diese Branche von bürokratischen Vorgaben überfrachtet wird, unter anderem aufgrund der aufwendigen Präqualifizierungsverfahren. Neben zwei weiteren Sanitätshäusern im Kreis betreiben die Brüder David und Marc Hassler noch zwei im Saarland.
Zu deren Kundenstamm gehören insbesondere ältere Menschen, die medizinische Hilfsmittel benötigen. Das Sanitätshaus muss durch fachliche Kompetenz im Gesundheitsbereich überzeugen. Von Gehhilfen über Bandagen bis hin zu speziellen Strümpfen oder individuellen Hilfsmitteln gibt es hier Angebote, die den Alltag der Patienten und Kunden erleichtern und für ein unabhängigeres Leben sorgen sollen. Heute sei die Zielgruppe um nahezu jede Altersgruppe gewachsen, darunter Patienten mit Diabetes oder Lipödemen, aber auch mit Amputationen, die spezielle Schuhe benötigen. „Orthopädietechniker und Orthopädieschuhmacher sind ein wichtiger Teil des Gesundheitssystems: Sie sind oftmals Anlaufstelle für Menschen, die eine ganz individuelle medizinische Versorgung benötigen. Persönliche Probleme brauchen persönliche Lösungen – und ein Handwerk, das so was auch kann“, betonte Julia Klöckner nach den Eiblicken. Nadine Schön interessierten die Hürden, welche die tägliche Arbeit verkomplizieren würden. „Als Gesundheitshandwerk Orthopädie-Schuhtechnik müssen wir uns beispielsweise alle 20 Monate einem Präqualifizierungsverfahren unterwerfen“, erklärt Marc Hassler während des Rundgangs durch den Betrieb. Dies führe zu einem großen bürokratischem und kostspieligen Aufwand, da entsprechende Bilddokumentationen und Unterlagen verbunden mit Betriebsbegehungen vorgenommen werden müssten. Dabei sei es ihm wichtig zu betonen, dass er nicht für eine Abschaffung dieser Verfahren ist und sie durchaus als wichtig erachtet. Allerdings plädiere er für eine Verlängerung der Überprüfungszeiträume, da sich seines Erachtens in den kurzen Zeiträumen wenig im Betrieb verändert, um die Tätigkeit in Frage zu stellen. Darüber hinaus sei die Vertragslandschaft in diesem Gewerk sehr undurchsichtig, erklärten die Brüder. „Wir als Leistungserbringer müssen mit den Kostenträgern Verträge schließen. Fast jede Kasse hat ihre eigenen Verträge. Dies führt dazu, dass es weit über 2000 verschiedene Verträge für unseren Berufstand gibt. In der Praxis bedeutet dies, dass wir zuerst prüfen müssen, ob Verträge abgeschlossen wurden.“
Julia Klöckner sieht die Nachwuchssorgen in dem Gewerk als ein nicht zu unterschätzendes Problem: „Die Kundschaft wird größer und individueller. Die Anfertigung der individuellen Leisten für medizinisch benötigte Schuhe zum Beispiel braucht Menschen, die das Handwerk verstehen und anwenden. Nicht alles können Maschinen übernehmen.“ Die Zahlen der Auszubildenden seien jedoch rückläufig, berichtete Geschäftsführer Alexander Zeitler. Die nächste Berufsschule befinde sich in Frankfurt, eine weitere Hürde.
Für Julia Klöckner und Nadine steht nach dem Gespräch fest: „Die Gesundheitshandwerke müssen nah am Kunden arbeiten, aber immer mehr Dokumentationen, fehlende Digitalisierungen und steigende Kosten machen es den Familienbetrieben schwer. Wir nehmen viele der Verbesserungspunkte mit nach Berlin. Denn für unsere ländlichen Räume sind solche Geschäfte wie diese so wichtig für die Bevölkerung, gerade wenn sie gesundheitlich eingeschränkt oder älter ist