In der vergangenen Woche wurde nach langem Hinhalten seitens des Bundesministeriums für Gesundheit und offenbar auch zur Überraschung der Koalitionsfraktionen ein Referentenentwurf des Ministeriums zur Krankenhausreform („Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz“ – KHVVG) bekannt. Der Referentenentwurf sieht unter anderem vor, dass für die Krankenhausplanung auf Landesebene vom Bund 65 Leistungsgruppen als Planungsinstrument vorgegeben werden. Damit ein Krankenhaus künftig eine Behandlung durchführen darf, muss zuvor zwingend eine Zuweisung der entsprechenden Leistungsgruppe durch die Landesplanungsbehörde erfolgt sein. Für die Zuweisung der Leistungsgruppen schreibt das Bundesministerium zentralistisch strikte Strukturvorgaben (apparative Ausstattung, Zahl der Intensivbetten, andere Fachabteilungen etc.) vor, die auf Bundesebene einheitlich für alle Krankenhäuser festgelegt werden sollen. Hierzu gelten bis Ende 2026 übergangsweise die Qualitätsvorgaben aus Nordrhein- Westfalen, ab 2027 sollen per Rechtsverordnung neue Vorgaben erlassen werden. Nur wenn die Entfernung zum nächsten Krankenhaus 30 Minuten (Leistungsgruppe Allgemeine Innere Medizin und Allgemeine Chirurgie) bzw. für die übrigen Leistungsgruppen 40 Minuten beträgt, ist eine temporäre Abweichung von den Qualitätskriterien der Leistungsgruppen durch die Krankenhausplanungsbehörden möglich. Eine unbefristete Ausnahmeregelung für die Qualitätskriterien ist nur für die so genannten Sicherstellungshäuser möglich. „Im Ergebnis soll nicht mehr das Land bestimmen, wo ein Krankenhaus welche Leistungen anbietet, sondern der Bund über die Strukturanforderungen der Leistungsgruppen. Für uns ist das ein klarer Verstoß gegen die vom Grundgesetz geregelte Planungshoheit der Länder“, gibt Julia Klöckner, wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, zu Bedenken.
In regelmäßigen Abständen von zwei Jahren soll durch den Medizinischen Dienst überprüft werden, ob alle Voraussetzungen für die Leistungsgruppen vorliegen. Andernfalls muss das Land die Zulassung der entsprechenden Leistungsgruppe zurücknehmen. Julia Klöckner: „Dadurch, dass die NRW-Leistungsgruppen nur temporär gelten sollen und die Leistungsgruppen ab 2027 über eine zustimmungspflichtige Rechtsverordnung des Bundesgesundheitsministeriums neu geregelt werden sollen, entfällt gerade für kleinere ländliche Krankenhäuser und ihre Beschäftigten die Perspektive für eine längerfristige Planung. Mögliche und nötige Investitionen vom Krankenhausträger werden so unnötig erschwert. Die im Referentenentwurf vorgesehenen Bundesvorgaben für die Leistungsgruppen sind aus verfassungsrechtlicher Sicht äußerst kritisch zu beurteilen. Hierdurch erfolgt ein Eingriff des Bundes in die Planungshoheit der Länder.“ Diese würden nur eingeschränkt die Möglichkeit haben, bei der Planung auf die regionale Versorgungssituation einzugehen. Mit dieser Regelung ziele Bundesgesundheitsminister Lauterbach auf eine in seinem Sinne zentralistische Bereinigung der Krankenhauslandschaft ab. Dieses Vorgehen führe im Ergebnis zu einer Aushöhlung der Länderkompetenz für die Krankenhausplanung, befürchtet die CDU-Politikerin weiter.
Auch das Instrument der Mindestvorhaltezahlen sieht Julia Klöckner kritisch. Laut Referentenentwurf stellen diese eine zentralistisch von der Bundesebene vorgegebene Mindestmenge dar, die von jedem Krankenhaus, ob groß oder klein, ob im städtischen oder im ländlichen Raum, erfüllt werden muss. Unterschreiten beispielsweise ländliche Krankenhäuser diese Mindestvorhaltezahlen, soll ihnen die Zulassung und die Abrechnungserlaubnis für diese Leistungsgruppe entzogen werden. Außer, diese Krankenhäuser sind zur Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung zwingend notwendig. „Auch wir als CDU/CSU-Fraktion sprechen uns für die Bündelung spezialisierter, planbarer Eingriffe z.B. im Bereich der Onkologie oder der Endoprothetik, an dafür geeigneten Krankenhäusern mit entsprechend geschultem Personal, mit der dafür notwendigen Ausstattung und Erfahrung aus. Mit dieser, von der Regierung geplanten, pauschalen Herangehensweise droht nicht wenigen Kliniken im ländlichen Raum auch in der Grundversorgung massiver Schaden“, argumentiert Julia Klöckner.
Stichfort finanzielle Maßnahmen zur Sicherung der Krankenhäuser: Die wirtschaftliche Situation vieler Krankenhäuser ist extrem angespannt. Ursächlich dafür sind die enormen inflationsbedingten Preissteigerungen, die im bestehenden Vergütungssystem nicht ausgeglichen werden. „Damit es nicht schon vor der Reform zu einer unkontrollierbaren kalten Strukturbereinigung infolge einer schon jetzt beginnenden Insolvenzwelle kommt, haben wir vonseiten der Union schon im vergangenen Jahr einen Antrag an die Bundesregierung gestellt. Darin fordern wir ein Vorschaltgesetz noch vor der Krankenhausreform“, erklärt Julia Klöckner. Auf diese Weise könnten die Krankenhäuser wenigstens so lange finanziell stabilisiert werden, bis die Strukturreform abgeschlossen sei. „Doch mit der vorgesehenen Regelung wird jedoch erst ab 2025 eine volle Refinanzierung des Preissteigerungsindexes für Krankenhäuser in Aussicht gestellt. Ob damit die bestehende Finanzierungslücke ausgeglichen wird, bleibt anzuzweifeln.
Die stationäre Versorgung gerade hier im ländlichen Raum, wo nach meiner Überzeugung die Grund- und Notfallversorgung z.B. nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfallzwingend flächendeckend gewährleistet sein muss, wird eher gefährdet als stabilisiert. Zentralismus, Planwirtschaft und Kontrollbürokratie werden mit diesem Gesetzentwurf bestimmende Größe für die Gesundheitsversorgung. Das macht mir Sorgen.“