Nicht wenige Bürgerinnen und Bürger sorgen sich aktuell um die Wärmeversorgung ihrer Wohnungen und Häuser. Die Politik der Bundesregierung trägt zu diesen Sorgen maßgeblich bei. Wie sehen es die Fachleute aus der Praxis, wollte die wirtschaftspolitische Sprecherin der Unionsbundestagsfraktion, Julia Klöckner MdB wissen. Sie hatte sich deshalb mit Bezirksschornsteinfeger Jochen Scherne in seinem Baumholderer Büro verabredet. Auch Schornsteinfegermeister Marco Villmann aus dem Westerwaldkreis nahm an dem Gespräch teil ebenso wie Mitglieder des CDU-Stadtverbandes Baumholder.
Gemäß des Gebäudeenergiegesetzes dürfen seit 2024 in Neubauten nur noch Heizungen installiert werden, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien laufen. Für den Austausch und den Weiterbetrieb von älteren Öl- und Gasheizungen, die schon in Betrieb sind, gelten in den kommenden 20 Jahren unterschiedliche Fristen, Vorgaben und Ausnahmen. „Bürgerinnen und Bürger sind zurecht verunsichert, da ihnen Vorgaben gemacht werden, sie aber nicht wissen, was es im konkreten Fall bedeutet“, so die heimische CDU-Bundestagsabgeordnete Julia Klöckner. Klimaneutralität 2045 bedeute natürlich auch klimaneutrales Heizen. Man könne die Wärmewende nicht mit der Brechstange herbeiführen, sondern müsse die Menschen mitnehmen.
Vertreterregelung würde Bezirksschonsteinfegern zeitliche Freiräume schaffen, um sich mit neuen Aufgaben auseinanderzusetzen
Die Arbeitsbelastung sei enorm hoch, teilte Jochen Scherne mit. Viele verunsicherte Bürgerinnen und Bürger würden sich an ihn wenden: „Zwischen uns Schornsteinfegern und der Bevölkerung herrscht ein enges Vertrauensverhältnis. Jeden Tag erreichten mich eine Vielzahl an Mails und Anrufen von Menschen, die nicht weiter wissen und mit den Vorgaben der Bundesregierung überfordert sind.“ Nicht wenige seien den Tränen nahe. Durch den Fachkräftemangel spitze sich die Lage weiter zu. Das große Problem sei, dass die Zahl der Aufgaben in den vergangenen Jahren zugenommen habe, aber die nötige Flexibilisierung fehle, um sich mit diesen neuen Herausforderungen auseinanderzusetzen. So nannte Jochen Scherne das Stichwort Feuerstättenschau, also die gesetzlich vorgeschriebene Begutachtung aller Feuerungsanlagen in einem Haus – wie Heizungen, Kamine und Kachelöfen. Nur der Bezirksschornsteinfegermeister darf diese vornehmen – ein enormer Zeitaufwand. Für Jochen Scherne steht fest, dass es in diesem Bereich eine Vertreterregelung geben muss, also dass auch ein Meistergeselle diese Untersuchung vornehmen darf. „Mit einer solchen Regelung hätten wir als Bezirksschornsteinfeger mehr Luft, um uns mit neuen Vorgaben auseinanderzusetzen“, so Jochen Scherne.
Vorgaben und Realität klaffen auseinander
Julia Klöckner erkundigte sich, welches die drängendsten Herausforderungen aktuell seien. Zum einen sprach der Bezirksschornsteinfegermeister die bürokratischen Hürden an. Zum anderen komme es aber auch immer wieder zu großem Unverständnis angesichts des Regierungshandelns. Stichwort: fehlende Planungssicherheit. Beispielsweise stoppte die Bundesregierung Ende des vergangenen Jahres mit sofortiger Wirkung das Aufbauprogramm Wärmepumpe. Das Programm sollte etwa Qualifizierungsmaßnahmen von Handwerkern fördern. „Es war bereits alles vorbereitet. Gemeinsam mit den Schornsteinfegerschulen hatten wir einen Plan erarbeitet, wie wir Handwerker im Bereich der Wärmepumpen bestmöglich schulen können. Doch dann wurden uns die Gelder gestrichen“, moniert Jochen Scherne. Für die Wirtschaftspolitikerin Julia Klöckner ist ein solches Vorgehen nicht zu verstehen: „Auf der einen Seite betont die Bundesregierung das Ziel, bis 2045 klimaneutral sein zu wollen. Doch auf der anderen Seite verhindert sie mit solchen ad-hoc-Entscheidungen, dass sich unsere Praktiker mit neuen Vorgaben beschäftigen können.“
Es müsse zudem gleiches Recht für alle Ökoheizungen geben, forderte Julia Klöckner. Einseitig auf die Wärmepumpe zu setzen, helfe nicht. Jochen Scherne verdeutlichte, dass die Wärmepumpe zwar insgesamt eine gute Lösung, doch nicht überall einsetzbar sei. Die aktuelle Netzversorgung würde zudem nicht ausreichen, wenn die Häuser einer kompletten Straße mit Wärmepumpen geheizt werden würden.
Julia Klöckner: „Wir brauchen die ganze Breite klimafreundlicher Lösungen – von Wasserstoff über Holzpellets bis zu Wärmenetzen.“ Für diese Alternativen schraube die Regierung die Anforderungen jedoch unerfüllbar hoch. Die CDU-Politikerin warnte vor den enormen Kosten, die auf Eigenheimbesitzer und Mieter beim Heizungsaustausch und der Dämmung zukommen. Bis heute wüssten sie nicht, auf welche Förderung sie hoffen dürften. Das führe zu enormer Verunsicherung bei den Menschen. Julia Klöckner sicherte den Gesprächsteilnehmern zu, die Anregungen mit nach Berlin zu nehmen.