Viele Kitas in Deutschland schaffen es nicht mehr, alle Kinder gut und zuverlässig zu betreuen. Sie sind überlastet und leiden unter einem eklatanten Personalmangel. Außerdem sind die Auflagen durch das Kita-Zukunftsgesetz enorm gestiegen. Wie sieht die Lage in der Kita Zauberwind in Hüffelsheim mit dem angegliederten Familienzentrum aus? Die CDU-Bundestagsabgeordnete Julia Klöckner machte sich vor Ort ein Bild und hatte wenige Tage nach Nikolaus ein paar weihnachtliche Leckereien für die Kinder und das Personal dabei. Im Gespräch mit Kita-Leiter Martin Mucha, Kitasozialarbeiterin Melanie Reimann, Erzieher und stv. Leitung Silas Schuch, der 2. Elternausschussvorsitzenden Tamara Eckes und Ortsbürgermeister Elmar Silbernagel, sprach die Abgeordnete über die Herausforderungen im Kita-Alltag und das Thema der frühkindlichen Förderung. Markus Lüttger, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Rüdesheim, nahm ebenfalls am Termin teil.
„Wir betreuen in unserer Einrichtung 95 Kinder, von denen die jüngsten ein Jahr alt sind. Insgesamt haben wir 61 Ganztagesplätze, für die es eine lange Warteliste gibt“, erklärt Martin Mucha beim Rundgang durch die hellen und liebevoll dekorierten Räumlichkeiten der Kita. „Mit welchen Herausforderungen haben Sie im Alltag besonders zu kämpfen?“, fragt Julia Klöckner nach. Neben dem Stichwort steigende Auflagen und Bürokratie, die die Konzentration auf das Wesentliche in einer Kita – die Bildung – oft unmöglich machen, sprechen Melanie Reimann und Martin Mucha an, dass Kita-Personal nicht genug Gehör finde, was das Thema Förderbedarf angehe. „Wir verbringen täglich viele Stunden mit den Kindern, wir sehen über Jahre wie sie sich entwickeln, wo ein möglicher Förderbedarf besteht.“ Dabei macht er deutlich, dass es hierbei nicht nur um Sprachförderung gehe. „Immer häufiger zeigen Kinder im sozial-emotionalen Bereich Auffälligkeiten. Daher ist es fatal, dass Kinder zukünftig in die Schule geschickt und erst im Laufe des ersten Schuljahres ein möglicher Förderbedarf festgestellt werden soll. Das muss vorher passieren, sodass man rechtzeitig reagieren und agieren kann und die Kinder durch eine frühzeitige Unterstützung und Förderung weniger Frustration und negative Erfahrungen erleben. Und hier müssen wir als Kita im Zusammenspiel mit den Eltern einfach mehr einbezogen werden“, fordern beide.
Als Kitasozialarbeiterin des Familienzentrums betreut Melanie Reimann insgesamt neun Kitas in der Verbandsgemeinde. Nicht etwa in Vollzeit, sondern in 15 Wochenstunden. „Angesichts des steigenden Bedarfs, ist diese Stelle viel zu knapp bemessen“, so Julia Klöckner. Hier brauche es mehr finanzielle Unterstützung. Denn das niedrigschwellige Angebot der aufsuchenden Kitasozialarbeit betreffe alle Familien, nicht nur die mit Kindern, die Auffälligkeiten mit sich bringen. Die schnelle Akzeptanz dieser Arbeit bei den Eltern ist zwar hervorragend, aber ebenso ein Indikator dafür, dass es diese Arbeit eben auch dringend benötigt. Auch das Thema Sprachstandserhebung treibt die Erzieher um Martin Mucha um. Diese müsse schon viel früher erfolgen, aber für die dringend benötigten Sprachförderkräfte sei kein Geld mehr da. Julia Klöckner nach dem Besuch: „Der heutige Austausch hier ein Hüffelsheim war sehr wichtig. So muss zum einen sichergestellt werden, dass die Expertise von ausgebildetem Kita-Personal ernst genommen wird. Wer, wenn nicht sie, sprich ausgebildete Experten, könnte besser einschätzen, ob ein Kind eine besondere Förderung benötigt? Essenziell ist es, dass vor dem Besuch der ersten Klasse festgestellt wird, ob ein Kind schulfähig ist oder welche individuelle Hilfe es braucht.“ Die Priorität müsse auf frühkindlicher Bildung und Förderung liegen, so die Abgeordnete.
„Damit geht einher, dass die Erzieherinnen und Erzieher ihrer eigentlichen Arbeit nachgehen können, nämlich die Kleinsten in unserer Gesellschaft adäquat zu betreuen.“ Doch durch die hohen Auflagen, die durch das Kita-Zukunftsgesetz geschaffen wurden, sei dies schlicht unmöglich. Julia Klöckner: „Es ist kurz vor zwölf. Wenn die Ampel nicht umsteuert, schlittern wir in eine frühkindliche Bildungskatastrophe.“ Es sei wichtiger denn je, kreative Lösungen für die Rekrutierung der frühpädagogischen Fachkräfte zu finden. Ausländische Fachkräfte mit guten deutschen Sprachkenntnissen müssten ihre Qualifikationen schneller anerkannt bekommen. „Praxisintegrierte Ausbildungen mit Ausbildungsgehalt können insbesondere auch Quereinsteiger anlocken. Verwaltungsaufgaben müssen reduziert werden, damit Fachkräfte mehr Zeit für pädagogische Aufgaben haben. Tagesmütter und -väter sollten stärker gefördert werden, da sie in kurzer Zeit ausgebildet werden können“, fordert die CDU-Abgeordnete.