Die Klinik Viktoriastift in Bad Kreuznach ist ein Reha-Zentrum für Kinder und Jugendliche und eine der traditionsreichsten Einrichtungen in Deutschland. Seit Frühjahr 2023 wird das Leistungsangebot der Klinik, die in der Trägerschaft des Landeskrankenhauses (AöR) steht, um eine kinder- und jugendpsychiatrische Abteilung ergänzt. Die heimische Bundestagsabgeordnete Julia Klöckner hat das Haus besucht, um sich über die Arbeit der Einrichtung zu informieren und mehr über die wachsenden Herausforderungen der Behandlung von Jugendlichen zu erfahren. Im Mittelpunkt des Gesprächs mit Dr. Alexander Wilhelm (Geschäftsführer), Frank Müller (Kaufmännischer Direktor), Alexander Schneider (Regionaldirektor Süd) und Angela Körte (Pflegedirektorin) standen neben der Problematik der Kostenerstattung durch Kostenträger auch die speziellen Belastungen, denen Jugendliche seit der Corona-Pandemie und durch verändernden Medienkonsum ausgesetzt sind.
Das Viktoriastift im Salinental hat sich auch auf die Betreuung und Behandlung von Jugendlichen spezialisiert, die durch die Pandemie und die damit einhergehenden Schulschließungen und sozialen Einschränkungen psychische und physische Beeinträchtigungen erfahren haben. Viele der jungen Patienten kämpfen mit den Nachwirkungen, darunter Angstzustände, Depressionen, Bewegungsmangel und psychosomatische Beschwerden. Der Bedarf an Behandlungs- und Rehabilitationsmaßnahmen hat in dieser Altersgruppe in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Plätze für insgesamt mehr als 100 Jugendliche und deren Begleitpersonen bietet die Klinik.
Ein zentrales Thema des Besuchs war die unzureichende Finanzierung der Behandlung durch die Kostenträger. Viele Kliniken sehen sich dadurch in ihrer finanziellen Existenz bedroht, was besonders im Hinblick auf die steigende Nachfrage nach Behandlungsplätzen für Kinder und Jugendliche problematisch ist. Die Vergütungssätze decken oft nicht die tatsächlichen Kosten, was die Kapazitäten der Kliniken massiv einschränkt. Ein weiteres Problem sei der eklatante Mangel an Gesundheitsfachkräften. Der Bedarf nach freien Klinikplätzen sei da, man könne ihn aber nicht in vollem Umfang anbieten, da die Verfügbarkeit von Gesundheitsfachkräften nicht in erforderlichem Umfang gegeben sei. Alsherausfordernd schildert die Runde, dass immer neue Standards und Ansprüche die Arbeit erschweren. So werde die Qualität der Leistungserbringer durch Kriterien vorgeschrieben. Kriterien, die angesichts der Ausstattung und jeweiligen Gegebenheiten nicht immer zu erfüllen seien, zumal der Leistungserbringer, in diesem Fall das Viktoriastift, für die Wirtschaftlichkeit zuständig sei. Hinzukommt, dass die Bezahlung durch die Kostenträger oft lange rausgezögert werde und die Klinik in Vorleistung treten muss.
Julia Klöckner MdB ist sicher: „Kinder und Jugendliche haben in den vergangenen Jahren eine besondere Last getragen. Die Pandemie hat Spuren hinterlassen, die wir nicht ignorieren dürfen. Es ist daher umso wichtiger, dass die politischen Rahmenbedingungen so sind, dass ihre Behandlung und Rehabilitation unterstützt und die benötigten Leistungen ohne bürokratische Hürden finanziert werden. Die aktuelle Praxis der Kostenerstattung durch die Kostenträger muss dringend überdacht werden, damit keine Jugendlichen aufgrund von finanziellen Engpässen auf notwendige Reha-Maßnahmen verzichten müssen.“
Thema Qualifikationsanforderungen in der Pflege: Die Experten halten sie für den falschen Weg, denn der Aufwand in der Pflege ist enorm gestiegen. Sinnvoll fänden sie es, wenn auch einjährig examinierte Hilfskräften Aufgaben übernehmen dürften, die heute nur ausgebildeten Pflegefachkräften obliegen. Das würde auch dem Dienstplan zugutekommen. Auch die Gewinnung von Pflegekräften ist ein Thema. Nicht das Gehalt sei es, das viele junge Menschen von der Altenpflege abhält. Vielmehr sind es die Arbeitszeiten, die insbesondere für Mütter nicht einfach sind, und auch immer noch ein Ruf, der dem schönen Beruf nicht gerecht wird. Stichwort Zeitarbeit. Auch hier gibt es aktuell dringenden Handlungsbedarf, dem sich die Politik annehmen muss. Zeitarbeitsfirmen werben immer öfter Festangestellte aus Pflegeeinrichtungen ab, weil sie ihnen ein höheres Gehalt und bessere Arbeitszeiten anbieten. „Das bringt Unruhe in die Belegschaft und setzt die betroffenen Einrichtungen unter finanziellen Druck. Unsere Unionsbundestagsfraktion wird das Thema parlamentarisch aufgreifen“, so Julia Klöckner MdB, die auch wirtschaftspolitische Sprecherin ihrer Fraktion ist. Sie hat alle Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser in ihrem Wahlkreis angeschrieben, da sie die Erfahrungen aus der Praxis in die weiteren Beratungen in Berlin mitnehmen will. Die Rückmeldungen gehen alle in dieselbe Richtung und bestätigen das Problem. Julia Klöckner MdB betont: „Gerade Jugendliche brauchen aktuell mehr denn je eine umfassende und individuelle Betreuung. Die Nachwirkungen der Pandemie haben gezeigt, wie groß der Bedarf an psychischer und physischer Behandlung und Rehabilitation ist. Doch wenn die Kostenerstattung durch die Träger weiterhin unzureichend bleibt, können wir diesen Bedarf auf Dauer nicht decken. Es muss dringend gehandelt werden, um sicherzustellen, dass jede und jeder Jugendliche die Unterstützung erhält, die sie oder er braucht.“ So wurden beim Besuch auch die besonderen medizinischen Anforderungen einer Reha-Einrichtung thematisiert. Dazu zählen unter anderem die intensive psychotherapeutische Betreuung und der Einsatz moderner, ganzheitlicher Therapieansätze. Für Julia Klöckner steht nach ihrem Besuch fest: Die Bedeutung von Kliniken und Reha-Einrichtungen für die junge Generation und die Herausforderungen der Erstattung durch Kostenträger sind immens. Sie hat zugesagt, die Thematik auf parlamentarischer Ebene weiter zu verfolgen und sich für strukturelle Verbesserungen in der Gesundheits- und Rehabilitationspolitik einsetzen. Den von der Klinikleitung geplanten Förderverein zur Unterstützung der Einrichtung werde sie gerne unterstützen.