Eine kleine Rechenaufgabe: 22.000 Menschen wohnen in der Verbandsgemeinde Herrstein-Rhaunen. Diese Zahl teilt man nun durch drei. Warum? Weil es genau drei verbleibende Apotheken in der gesamten Verbandsgemeinde gibt, die diese Menschen versorgen müssen. Dass diese Rechnung nicht aufgeht, ist wohl jedem klar. Einem, dem das jeden Tag aufs Neue bewusst wird, ist Apotheker, Johannes Jaenicke, Inhaber der Adler-Apotheke in der Hauptstraße. Hilfesuchend hat er sich an Julia Klöckner MdB gewandt. Per Mail schilderte der Apotheker seine Sorge bezüglich des anstehenden Apothekenreformgesetzes von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Kurzum machte sich die heimische Abgeordnete und wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auf den Weg zu ihm.
Julia Klöckner: „Er hat mir eine so eindringliche Mail geschrieben, da war mir klar, der Druck ist groß. Die Ampelregierung in Berlin erzählt im Parlament, die Apotheker im Land seien mit den Reformpläne zufrieden. Redet man aber vor Ort mit den Apothekerinnen und Apothekern, sieht es ganz anders aus.“
In seinen Apothekenräumen erläuterte Johannes Jaenicke, welche Kritik er an der geplanten Reform hat. Zum einen besage diese, dass es in Zukunft drei Arten von Apotheken mit unterschiedlichen Qualitäten geben solle. Das seien erstens die Hauptapotheken – dort sei ein Apotheker permanent anwesend – darunter falle seine Apotheke. Zweitens solle es jedoch so genannte Filialen geben. Ein Apotheker müsse dort nur begrenzt anwesend sein, teilweise nur acht Stunden pro Woche. Diese Filialen dürften bis zu drei Stunden entfernt von deren Haupt-Apotheke liegen. Regionalität? Fehlanzeige. Drittens solle es Zweig-Apotheken geben, ebenfalls ohne „Dauer-Apotheker“. Diese seien im Prinzip reine Abgabestellen, die für zehn Jahre vor allem in ländlichen Gebieten eröffnet werden sollen. Für den Apotheker steht fest: „Wenn eine Zweig-Apotheke als Konkurrenz zu uns in Rhaunen aufmachen würde, dann prallen hier zwei Systeme aufeinander: die teure Haupt-Apotheke mit Apothekern und Rezeptur und die günstigere Zweig-Apotheke ohne Apotheker und ohne Rezeptur.“ Diese ungleiche Konkurrenz würde deutschlandweit dazu führen, dass Haupt-Apotheken auf dem Land verschwinden, moniert er weiter. „Die ländliche Gegend wird dadurch langfristig qualitativ schlechter mit Arzneimitteln versorgt als die Stadt.“
Julia Klöckner kann die Sorge des Apothekers nachvollziehen. „In einer Apotheke sollte eine kompetente und fachmännische Beratung im Fokus stehen – es geht schließlich um die Gesundheit. Doch was Gesundheitsminister Lauterbach hier aufbauen möchte, ist nichts anderes als ein Apotheken-Supermarkt – ohne Apotheker.“ Anstatt den Berufsstand zu unterstützen, belaste Gesundheitsminister Lauterbach diesen mit seinen Plänen: „Apotheken – gerade im ländlichen Raum – übernehmen eine wichtige Versorgungsfunktion. Sie stehen den Menschen neben den Hausärzten, die ebenfalls weniger werden, beratend zur Seite. Der Beruf des Apothekers muss weiterhin attraktiv bleiben. Und er muss sich rechnen. Gestiegene Kosten einfach nur durch Umschichten kompensieren zu wollen, geht leider nicht auf.“
Die CDU-Politikerin informiert sich zudem über das Thema Vergütung und Fixzuschlag. Seit Jahren liegt dieser bei 8,35 Euro. Die Apothekerschaft fordert hier angesichts der Kostensteigerungen seit Jahren eine Anpassung. Diese Forderung umgeht Karl Lauterbach nun. Denn der Gesetzesentwurf besagt, dass die Apothekerschaft ab 2027 ihren Fixumaufschlag selbst mit den Krankenkassen verhandeln soll. Das klingt auf den ersten Blick zwar positiv, bedeuten könnte das aber für die Apotheker das genaue Gegenteil. Laut Johannes Jaenicke hätten die Krankenkassen Diskussionen angekündigt, denn sie wollen den Fixzuschlag eventuell noch weiter absenken, anstatt zu erhöhen. „Je nachdem, wer sich durchsetzt, kann das also negativ für die Apotheken ausgehen.“ Julia Klöckner: „Was hier eindeutig fehlt, sind verlässliche Rahmenbedingungen, die muss der Gesundheitsminister setzen.. Er hat es versäumt, klare Spielregeln ins Gesetz aufzunehmen. Aktuell heißt es nämlich: David gegen Goliath, denn die Krankenkassen auf der einen und die Apotheker auf der anderen Seite haben ganz unterschiedliche Ausgangsbedingungen und personelle Ressourcen.“
Julia Klöckner hält nach dem Austausch fest: „Die tragende Säule in der Arzneimittelversorgung sind unsere Apotheken vor Ort.“ Doch der Berufsstand gerate immer mehr in Schieflage. Täglich schließe in Deutschland jeden Tag mehr als eine Apotheke, immer weniger würden neu gegründet, so die Bundestagsabgeordnete. In Rheinland-Pfalz ist die Zahl der Apotheken innerhalb der vergangenen zehn Jahre um mehr als 15 Prozent zurückgegangen. „Viele Apotheken stehen unter wirtschaftlichem Druck, der durch bürokratische Auflagen, Inflation, die gestiegenen Personalkosten und den Fachkräftemangel an Apothekerinnen und Apothekern sowie an Pharmazeutisch-Technischen Assistenten verstärkt wird.“ Die Lage sei ernst. „Wie Johannes Jaenicke geht es vielen seiner Kolleginnen und Kollegen.“