Auf 6 000 Menschen kommt eine Apotheke. Denn drei Apotheken sind es, die für die Versorgung von rund 18 000 Menschen zuständig sind. Auch in der Verbandsgemeinde Kirner-Land ist die Versorgung also entsprechend knapp, zumal sich die drei Apotheken alle im Zentrum von Kirn befinden. Dass diese Rechnung nicht aufgeht, ist wohl jedem klar. Einer, der das jeden Tag aufs Neue bewusst ist, ist Apothekerin, Julia Schnorrenberg, Inhaberin der Markt-Apotheke in Kirn. Hilfesuchend hat sie sich an Julia Klöckner MdB gewandt. Per Mail schilderte die Apothekerin ihre Sorge bezüglich des anstehenden Apothekenreformgesetzes von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Kurzum machte sich die heimische Abgeordnete und wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auf den Weg zu ihr. Auch Verbandsgemeindebürgermeister Thomas Jung und der CDU-Vorsitzende im Kirner-Land, Marcus Kirschner, interessierten sich für die Belange und nahmen an dem Termin teil. Julia Klöckner: „Sie hat mir eine so eindringliche Mail geschrieben, da war mir klar, der Druck ist groß. Die Ampelregierung in Berlin erzählt im Parlament, die Apotheker im Land seien mit den Reformpläne zufrieden. Redet man aber vor Ort mit den Apothekerinnen und Apothekern, sieht es ganz anders aus.“ Die Bundestagsabgeordnete hat sich in den vergangenen Wochen in vielen Apotheken in ihrem Wahlkreis ein Bild von der Lage gemacht. Die Rückmeldungen, die sie hier zu hören bekommt, gleichen sich.
In ihren Apothekenräumen erläuterte Julia Schnorrenberg, welche Kritik sie an der geplanten Reform hat. Zum einen besage diese, dass es in Zukunft drei Arten von Apotheken mit unterschiedlichen Qualitäten geben solle. Das seien erstens die Hauptapotheken (Einzelapotheken) – dort sei ein Apotheker permanent anwesend – darunter falle ihre Apotheke. Zweitens gibt es jetzt schon so genannte Filialen, in denen bisher auch immer ein Apotheker anwesend sein musste. In Zukunft aber soll laut Gesetzentwurf in den Filialen nur noch eine begrenzte Anwesenheitspflicht für einen Apotheker vorgeschrieben sein. Dies könnte im Extremfall bedeuten, dass ein Apotheker nur acht Stunden pro Woche anwesend ist. In der Zeit, in der kein Apotheker anwesend wäre, könnten nicht alle Leistungen der Apotheke angeboten werden, da z.B. bei der Belieferung von Betäubungsmitteln (starken Schmerzmitteln), beim Anfertigen von Rezepturen (individuell hergestellten Arzneimitteln), bei der Medikationsanalyse etc. die Anwesenheit und Kontrolle durch einen Apotheker vorgeschrieben sind. Außerdem dürften diese Filialen bis zu drei Stunden entfernt von deren Haupt-Apotheke liegen. Regionalität? Fehlanzeige. Drittens solle es Zweig-Apotheken geben, ebenfalls ohne „Dauer-Apotheker“. Diese seien im Prinzip reine Abgabestellen, die für zehn Jahre vor allem in ländlichen Gebieten (Orten mit eingeschränkter Arzneimittelversorgung) eröffnet werden sollen.
Das Problem ist, dass zwei Systeme aufeinanderprallen: die teure Haupt- (Einzel-)Apotheke mit Apothekern und Rezeptur und die günstigere Filial-Apotheke mit zeitlich reduzierter Anwesenheitspflicht für einen Apotheker und ggf. ohne Rezeptur. Diese ungleiche Konkurrenz würde deutschlandweit dazu führen, dass kostenintensivere und damit wirtschaftlich schlechter gestellte Haupt-Apotheken auf dem Land verschwinden, moniert sie. „Die ländliche Gegend wird dadurch langfristig qualitativ schlechter mit Arzneimitteln versorgt als die Stadt.“ Julia Klöckner kann die Sorge der Apothekerin nachvollziehen. „In einer Apotheke sollte eine kompetente und fachmännische Beratung im Fokus stehen – es geht schließlich um die Gesundheit. Doch was Gesundheitsminister Lauterbach hier aufbauen möchte, ist nichts anderes als ein Apotheken-Supermarkt – ohne Apotheker.“ Anstatt den Berufsstand zu unterstützen, belaste Gesundheitsminister Lauterbach diesen mit seinen Plänen: „Apotheken – gerade im ländlichen Raum – übernehmen eine wichtige Versorgungsfunktion. Sie stehen den Menschen neben den Hausärzten, die ebenfalls weniger werden, beratend zur Seite. Der Beruf des Apothekers muss weiterhin attraktiv bleiben. Und er muss sich rechnen. Gestiegene Kosten einfach nur durch Umschichten kompensieren zu wollen, geht leider nicht auf.“ Wie steht es um das Thema Vergütung und Fixzuschlag? Seit 20 Jahren liegt dieser bei einem prozentualen Aufschlag von 3 % auf den Einkaufspreis von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und 8,35 Euro Fixum. Die Apothekerschaft fordert hier angesichts der Kostensteigerungen schon lange eine Anpassung.
Diese Forderung umgeht Karl Lauterbach nun. Ab 2025 soll der prozentuale Anteil auf 2,5 %, ab 2026 auf 2 % sinken bei gleichzeitiger Erhöhung des Fixums in zwei Stufen auf 9,00 Euro in 2026. Dies würde aber bei vielen Apotheken (in Abhängigkeit von den Einkaufspreisen ihrer bezogenen Arzneimittel) zu einer schlechteren Vergütung als bisher führen. Somit würde sich die wirtschaftliche Lage der Apotheken weiter verschlechtern. Außerdem besagt der Gesetzentwurf, dass die Apothekerschaft ab 2027 ihr Fixum selbst mit den Krankenkassen verhandeln soll. Das klingt auf den ersten Blick zwar positiv, bedeuten könnte das aber für die Apotheker das genaue Gegenteil. Laut Julia Schnorrenberg hätten die Krankenkassen Diskussionen angekündigt, denn sie wollen den Fixzuschlag eventuell noch weiter absenken, anstatt zu erhöhen. „Je nachdem, wer sich durchsetzt, kann das also negativ für die Apotheken ausgehen.“ Julia Klöckner: „Was hier eindeutig fehlt, sind verlässliche Rahmenbedingungen, die muss der Gesundheitsminister setzen. Er hat es versäumt, klare Spielregeln ins Gesetz aufzunehmen. Aktuell heißt es nämlich: David gegen Goliath, denn die Krankenkassen auf der einen und die Apotheker auf der anderen Seite haben ganz unterschiedliche Ausgangsbedingungen und personelle Ressourcen.“ Ein weiterer Punkt, der den Apotheken zu schaffen macht, sind die Auswirkungen des sogenannten „Skonti-Verbots“, das auf ein BGH-Urteil zurückgeht. Bisher wurde Apotheken von der Industrie bei vorfristiger Zahlung bis zu drei Prozent Skonto auf die verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die rund 85 % des Umsatzes ausmachen, gewährt. Dies wurde nun gekippt, was hohe finanzielle Folgen hat. Im Jahr könne dies rund 16 000 Euro ausmachen, berichtet Julia Schnorrenberg.
Julia Klöckner hält nach dem Austausch in Kirn fest: „Die tragende Säule in der Arzneimittelversorgung sind unsere Apotheken vor Ort.“ Doch der Berufsstand gerate immer mehr in Schieflage. Täglich schließe in Deutschland jeden Tag mehr als eine Apotheke, immer weniger würden neu gegründet, so die Bundestagsabgeordnete. In Rheinland-Pfalz ist die Zahl der Apotheken innerhalb der vergangenen zehn Jahre um mehr als 15 Prozent zurückgegangen. „Viele Apotheken stehen unter wirtschaftlichem Druck, der durch bürokratische Auflagen, Inflation, die gestiegenen Personalkosten und den Fachkräftemangel an Apothekerinnen und Apothekern sowie an Pharmazeutisch-Technischen Assistenten verstärkt wird. Im vergangenen Jahr haben mehr als zehn Prozent der Apotheken ein Minus erwirtschaftet.“ Die Lage sei ernst, zumal es auch Auswirkungen auf die Innenstädte habe, wenn eine Apotheke schließt. Der Gang in die Apotheke werde oft mit anderen Erledigungen in umliegenden Geschäften verbunden. „Wie Julia Schnorrenberg geht es vielen ihrer Kolleginnen und Kollegen. Dabei ist der Wunsch von vielen aufgekommen, ein gemeinsames Apotheker-Gespräch anzusetzen und zudem einen Vertreter aus dem Gesundheitsausschuss dazu zu laden. Das habe ich gerne organisiert und lade deshalb zu einem digitalen Austausch ein. Ich freue mich, dass ich meinen Bundestagskollegen Tino Sorge MdB, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, dafür gewinnen konnte. Gemeinsam wollen wir über die aktuelle Lage und die möglichen Auswirkungen der geplanten Apothekenreform sprechen“, so Julia Klöckner MdB. Das Gespräch findet statt am Donnerstag, 15. August, 19 Uhr statt.