Runder Tisch Apotheken: Ist die Krise noch abzuwenden?

Aug 26, 2024 | Pressemeldungen

Die hohe Teilnehmerzahl von Apothekerinnen und Apothekern der Region bei der digitalen Schalte „Apotheken in Not“ war ein deutlicher Beleg dafür, wie ernst die Lage und wie groß die Sorge innerhalb der Branche ist. Eingeladen hatte die heimische Bundestagsabgeordnete und wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Julia Klöckner. Von vielen Praktikern wurde sie in den vergangenen Wochen angesprochen, mit der Bitte ein Gespräch zu organisieren. Zum Austausch hatte sie einen weiteren Experten dazu geholt: Ihren Bundestagskollegen Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Apothekerinnen und Apotheker aus der Nahe-Region und darüber hinaus hatten so die Gelegenheit, ihre drängenden Anliegen und Nöte zu thematisieren. Und viele hatten etwas zu sagen. Sie seien dankbar über die Chance, ihre Sorgen schildern zu können, so Dr. jur. Tilman Scheinert, Geschäftsführer der Landesapothekenkammer Rheinland-Pfalz. Von Seiten der Bundesregierung lasse ein solches Gespräch auf sich warten.

Während des intensiven Austauschs waren sich die Betroffenen einig: Die Situation ist besorgniserregend. In den vergangenen zehn Jahren sank die Zahl der Apotheken um mehr als 15 Prozent. Die Ängste spürte Julia Klöckner auch bei ihren zahlreichen Vor-Ort-Besuchen in den Apotheken in ihrem Wahlkreis. „Viele stehen mit dem Rücken zur Wand: Bürokratische Hürden, steigende Personalkosten und der zunehmende Fachkräftemangel setzen den Apotheken stark zu. Die Lage wird zusätzlich durch die realitätsfremden Reformpläne des Gesundheitsministers verschärft“, betont die CDU-Politikerin. Im vergangenen Jahr mussten über zehn Prozent der Apotheken Verluste stemmen – eine Entwicklung, die die Existenz vieler Betriebe ernsthaft bedroht.

Während die Ampelkoalition im Deutschen Bundestag behauptet, die nun vorgelegten Reformpläne seien im Einklang mit den Wünschen der Apotheker, zeigt sich vor Ort ein ganz anderes Bild. „Die Apotheker sind in Alarmstimmung“, so Tino Sorge. „Sie sehen ihre Zukunft gefährdet und fühlen sich von der Bundesregierung im Stich gelassen.“

Die Apotheker erläutern Julia Klöckner und Tino Sorge, welche Kritik sie an der geplanten Reform haben. Zum einen besage diese, dass es in Zukunft drei Arten von Apotheken mit unterschiedlichen Qualitäten geben solle. Das seien erstens die Hauptapotheken (Einzelapotheken) – dort sei ein Apotheker permanent anwesend – darunter falle ihre Apotheke. Zweitens gibt es jetzt schon so genannte Filialen, in denen bisher auch immer ein Apotheker anwesend sein musste. In Zukunft aber soll laut Gesetzentwurf in den Filialen nur noch eine begrenzte Anwesenheitspflicht für einen Apotheker vorgeschrieben sein.  Dies könnte im Extremfall bedeuten, dass ein Apotheker nur acht Stunden pro Woche anwesend ist. In der Zeit, in der kein Apotheker anwesend wäre, könnten nicht alle Leistungen der Apotheke angeboten werden, da z.B. bei der Belieferung von Betäubungsmitteln (starken Schmerzmitteln), beim Anfertigen von Rezepturen (individuell hergestellten Arzneimitteln), bei der Medikationsanalyse etc. die Anwesenheit und Kontrolle durch einen Apotheker vorgeschrieben sind.  Außerdem dürften diese Filialen bis zu drei Stunden entfernt von deren Haupt-Apotheke liegen. Regionalität? Fehlanzeige. Drittens solle es Zweig-Apotheken geben, ebenfalls ohne „Dauer-Apotheker“. Diese seien im Prinzip reine Abgabestellen, die für zehn Jahre vor allem in ländlichen Gebieten eröffnet werden sollen. Das Problem ist, dass zwei Systeme aufeinanderprallen: die teure Haupt- (Einzel-)Apotheke mit Apothekern und Rezeptur und die günstigere Filial-Apotheke mit zeitlich reduzierter Anwesenheitspflicht für einen Apotheker und ggf. ohne Rezeptur. Diese ungleiche Konkurrenz würde deutschlandweit dazu führen, dass kostenintensivere und damit wirtschaftlich schlechter gestellte Haupt-Apotheken auf dem Land verschwinden.

Auch das Thema Vergütung sprechen die Apotheker an. Seit 20 Jahren liegt dieser bei einem prozentualen Aufschlag von 3 % auf den Einkaufspreis von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und 8,35 Euro Fixum. Die Apothekerschaft fordert hier angesichts der Kostensteigerungen schon lange eine Anpassung. Diese Forderung umgeht Karl Lauterbach nun. Ab 2025 soll der prozentuale Anteil auf 2,5 %, ab 2026 auf 2 % sinken bei gleichzeitiger Erhöhung des Fixums in zwei Stufen auf 9,00 Euro in 2026. Dies würde aber bei vielen Apotheken (in Abhängigkeit von den Einkaufspreisen ihrer bezogenen Arzneimittel) zu einer schlechteren Vergütung als bisher führen. Somit würde sich die wirtschaftliche Lage der Apotheken weiter verschlechtern.  Außerdem besagt der Gesetzentwurf, dass die Apothekerschaft ab 2027 ihr Fixum selbst mit den Krankenkassen verhandeln soll. Das klingt auf den ersten Blick zwar positiv, bedeuten könnte das aber für die Apotheker das genaue Gegenteil. Laut den Apothekern hätten die Krankenkassen Diskussionen angekündigt, denn sie wollen den Fixzuschlag eventuell noch weiter absenken, anstatt zu erhöhen. Je nachdem, wer sich durchsetze, könne das also negativ für die Apotheken ausgehen.

Die CDU-Bundestagsabgeordneten sicherten den Apothekerinnen und Apothekern ihre Unterstützung zu.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion nehme die Hinweise ernst und arbeite derzeit an einem Gegenentwurf zur geplanten Reform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach. „Wir dürfen nicht zulassen, dass die Apothekenlandschaft in Deutschland weiter ausgedünnt wird. Es geht hier um die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung vor Ort und den Erhalt von Arbeitsplätzen. Und letztlich bedeutet es auch für unsere Innenstädte und Ortszentren nichts Gutes, wenn immer mehr ihre Türen schließen“, gibt die Bundestagsabgeordnete zu Bedenken. Der digitale Runde Tisch verdeutlichte einmal mehr, dass dringender Handlungsbedarf besteht, um die Versorgung gerade im ländlichen Raum zu unterstützen und die negativen Folgen der aktuellen Politik abzumildern. Die im Gespräch besprochenen Punkte sollen Eingang in das Unionspapier finden. Man wolle in engem Austausch bleiben, haben Julia Klöckner und Tino Sorge den Teilnehmern versichert.

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